Wunderschöne Landschaft und Kartoffeln in allen Varianten

Mein Auslandsaufenthalt in Irland (County Cork)  

Nie hätte ich im Mindesten daran gezweifelt, dass ein Auslandsschuljahr genau das Richtige für mich ist. Ich wollte weg, eine neue Kultur und neue Leute kennenlernen! Das war mein Traum. Die Realität war dann aber etwas komplizierter.
Anfangs habe ich mich gar nicht wohl gefühlt, und tief in mir drin wollte ich zurück nach Hause. In meiner irischen 'Familie' fühlte ich mich komplett fehl am Platz und ganz und gar nicht willkommen. Es ist nicht einfach, weg von zu Hause zu sein. Plötzlich merkt man, weit entfernt man von den Lieben, wie hoch der Wert einer Freundschaft ist. Ohne Menschen, denen ich meine Leiden erzählen konnte, die zuhörten und mich aufmunterten, wäre diese Herausforderung wahrscheinlich für mich eine Spur zu groß gewesen. Zudem war es auch ziemlich aufwändig, die vielen kleinen und großen Dinge nachzuholen, die anderen schon vorher und oft ganz anders gemacht hatten.
So waren die ersten Monate. Nun ist schon Mitte Jänner, und mir wird langsam bewusst, wie schnell diese Zeit verfliegt. Viel zu schnell! Ich fühle mich hier immer wohler und genieße es. Ich treffe Menschen, die ich sonst nie kennengelernt hätte und sehe Orte, die ganz einfach wunderschön sind. Außerdem geht nichts über den irischen Himmel! Die Wolken fliegen mit Höchstgeschwindigkeit vorüber, und das Farbenspiel ist prächtig. Dass es jeden Tag mindestens einmal regnet, ist kein Mythos. Das stört mich aber eigentlich überhaupt nicht so sehr, da ich dafür die Sonne, die mir übrigens gerade in diesem Moment warm auf den Rücken scheint, umso mehr genieße. Ich sehe es schon kommen, dass ich im Sommer mit Tränen Abschied nehmen werde.  

Das irische Schulsystem  

Die wöchentliche Schulzeit geht, von Montag bis Freitag, von 9.00 Uhr bis etwa 16.00 Uhr. Es gibt die primary-school, die sogenannte Grundschule, und die secondary-school, welche, wie erstere, aus sechs Jahren besteht. Ich besuche das 6. Jahr der secondary-school und somit das Matura- Jahr. Bei der Matura, dem sogenannten Leaving Certificate, wird der Lernstoff der letzten zwei Jahre geprüft. Es ist keineswegs eine einfache Prüfung, und man muss mit dem Lernen ordentlich dahinter bleiben. Dadurch, dass man die Prüfung aber in nur sechs Fächern (darunter Italienisch und Deutsch) absolvieren kann, ist die Sache durchaus machbar. Eine weitere große Prüfung hatten meine KollegInnen am Ende des dritten Jahres der secondary-school. Bei diesem Junior Certificate, wird der Lernstoff der ersten drei 'Oberschuljahre' abgefragt. Wer in Irland ein Auslandsschuljahr absolviert, hat aber diesen Lebensabschnitt wohl schon hinter sich. Des Weiteren gibt es Tests, die meist vor den Ferien (Semesterferien, Weihnachtsferien, Osterferien und Sommerferien) abgehalten werden. Diese Tests haben allerdings kein wirkliches Gewicht, und man ist schon mit 40% positiv (ab dem nächsten Jahr schon mit 30%!!!). Sitzenbleiben geht somit in Irland gar nicht. Man kann höchstens die zwei großen Prüfungen wiederholen müssen. Allerdings ist den Iren die Schule sehr wichtig. Abhängig von der Punktezahl, die sie bei ihrer 'Matura' erhalten, entscheidet sich, was und wo sie studieren können.
Ich wage zu behaupten, dass das Niveau hier etwas niedriger ist als im Realgymnasium Bozen. Wenigstens trifft das auf meine Schule zu, die allerdings keine Privatschule ist. Die meisten wohlhabenderen Familien schicken ihre Kinder in eine der meist religiös ausgerichteten Privatschulen.
Die meisten Schulen sind reine Mädchen- oder Jungen-Schulen, und das Tragen einer Schuluniform ist im ganzen Land Pflicht. Meine Schule ist für irische Verhältnisse ziemlich groß. Daher gibt es hier lustiger weise sogar eine Verkehrsregelung: Alle Schüler und Lehrer müssen auf der linken Seite (in Irland herrscht Linksverkehr) der Korridore gehen. Niemand hält allerdings diese Regelung ein, was auch den Stau erklären könnte, in dem ich jeden Tag mehrmals stecke, wenn ich von einer Klasse zur nächsten eile. Hier ist es nämlich so, dass der Schüler zur Klasse des Lehrers geht und nicht umgekehrt. Außerdem ist das Schüler- Lehrer Verhältnis in Irland viel lockerer als in Italien.      

Die (irren??) Iren  

Fast jeder in Irland betreibt entweder einen Sport (Basketball, Fußball, Hurling, Gaelic football usw.) oder macht Musik. Pubs sind der typische Treffpunkt an Wochenenden. Leider sind aber Minderjährige davon ausgeschlossen, denn ihnen ist der Besuch von Pubs gesetzlich untersagt! Ich bin in einer noch schlimmeren Lage: Dadurch, dass ich über eine Organisation hier bin, habe ich im Vorhinein ein entsprechendes Übereinkommen unterschrieben, und zudem ist meine Gastfamilie ziemlich streng. Nicht einmal nach meinem baldigen Erreichen der Volljährigkeit werde ich Pub-Besuche genießen können!
Wenn irische Mädchen ausgehen, dann ist das immer eine riesige Sache: Zuerst wird ein Bräunungsspray aufgetragen, dann wird dick Make-up aufgetragen und ein Kleid angezogen, das gerade mal knapp die obersten zehn Zentimeter der Beine bedeckt. Natürlich dürfen die falschen Nägel und Wimpern nicht vergessen werden.
Kurz und prägnant gesagt: Wer hier beim Ausgehen ein Mädchen kennenlernen sollte, weiß nie, wen er oder sie wirklich getroffen hat.  

Essen  

Kartoffeln, Kartoffeln, Kartoffeln in allen Formen und Varianten, Fleisch etwa sieben Mal in der Woche, viel, viel Milch und natürlich der typische irische Tee mit Milch (schmeckt allerdings sehr gut). So sieht der irische Speiseplan aus. Manchmal gibt es auch Nudeln oder Tiefkühlpizza. Glücklicherweise habe ich es mit dem Essen besser getroffen als andere, denn meine Gastmutter ist eine begabte Köchin. Auch wenn ich immer nachsalzen muss, schmeckt mir das Essen.  

Landschaft  

Wenn ich so aus dem Fenster blicke, würde ich die Landschaft als hügelig und grün bezeichnen. Wie ich sagte, ist jetzt Jänner. Die meisten Wiesen sind immer noch grün, wenn auch die Bäume ihre Blätter verloren haben. Die Häuser sind meist zweistöckig. Mehrfamilienhäuser gibt es nur sehr wenige, denn jeder will sein Eigenheim. Die meisten Menschen leben in einem der unzähligen kleinen Reihenhäuser. Jedes Haus hat seinen eigenen Garten, in dem eigentlich nur Gras wächst, der aber immer perfekt gepflegt aussieht. Ich persönlich wohne in einer Villa auf einem Hügel neben dem Dorf Mallow. Es ist ein echt wunderschönes Haus, mir persönlich aber fast zu groß und in seiner breit zur Schau gestellten Perfektion nicht wirklich heimelig.  

Wetter  

Wie ich bereits gesagt habe, regnet es hier eigentlich jeden Tag. Die schlechtesten Wetterverhältnisse gibt es von November bis Anfang Januar: Dauerregen mit zahlreichen Überschwemmungen, etwa eine Stunde Sonnenschein pro Woche und Dunkelheit ab halb fünf am Abend. Jetzt wird das Wetter schon wieder besser. Die Sonne scheint häufiger, es wird spürbar wärmer, und der Regen wird seltener. Ich freue mich schon unglaublich auf den irischen Frühling!                                                                                                                        

 

Rebekka Moser (4a)